Vereinsgeschichte

Als Hermann Fessel seine Dissertation zu vergleichend-anatomischen und vergleichend-funktionellen Untersuchungen an der Hüft- und Oberschenkelmuskulatur 1963 verfasste, waren die Vorbereitungen für die olympischen Sommerspiele 1964 in Tokio voll im Gange. Die Ergebnisse der olympischen Disziplin Schießen waren eher ernüchternd und führten vor Augen, dass ohne den Aufbau einer Infrastruktur deutsche Medaillen in der olympischen Disziplin Schießen kaum zu gewinnen sind. An dieser Stelle sollen die Verdienste von:

  • Hans Kaupmannsennecke: Freie Scheibenpistole (50m.): 30. Platz
  • Klaus Zähringer: Kleinkaliber Dreistellungskampf: 22. Platz und Freies Gewehr Dreistellungskampf: 14. Platz
  • Karl Wenk: Kleinkaliber liegend: 7. Platz
  • Rudolf Bortz: Kleinkaliber liegend: 24. Platz

selbstverständlich als gewürdigt verstanden werden. Dr. Hermann Fessels Begegnung mit unserem heutigen Ehrenmitglied Helmut Degner, der seinen Bundeswehrdienst gerade beendet hatte und eine medizinische Ausbildung als Physiotherapeut an der Universitätsklinik absolvierte, war der Auftakt um den akademischen Schießsport ins Leben zu rufen.

Helmut Degner war als Schiess-Ausbilder der Bundeswehr geradezu prädestiniert, um die Idee des akademischen Sportschiessens in Düsseldorf umzusetzen. Dr. Schulz, Mediziner und ehemaliger Polizist, war von dieser Idee ebenfalls begeistert und so machten die Gründungsväter des S.C.U.D. Schießclub an der Uni Düsseldorf 1971 e.V. von ihrem Bürgerrecht Gebrauch und gründeten unseren eingetragenen Verein. Sie konzentrierten sich parallel dazu auf die Suche nach einer entsprechenden Räumlichkeit, die den waffenbehördlichen Ansprüchen gerecht werden. Der Neusser Eisenbahnerverein ermöglichte das Sportschiessen in seinen Anfängen und stellte Räumlichkeiten zur Verfügung. Der Eisenbahner Schießstand verfügte über 7 Bahnen für Luftpistolen und 6 Bahnen für Kleinkaliberdisziplinen. Der Schießstand war darüber hinaus auch für das Kaliber 38 Special angemessen. Es war ein offener Stand mit allen Witterungseinflüssen und so erinnert sich das Gründungsmitglied Helmut fast nostalgisch an jene schönen Tage im Schnee und Matsch. Der angrenzende See verlieh dem Stand damals eine fast unwirkliche Kulisse. Der Gründungszeit wurde auch mit behördlicher Skepsis begegnet, da ein Generationenkonflikt, der sich, wie allgemein bekannt ist, gerade an den Hochschulen in Form von Studentenprotesten sichtbar machte.  Aus dieser politischen und gesellschaftlichen Transformationsphase und dem Aufkommen des links-terroristischen Spektrums der RAF resultierten Verschärfungen des Waffengesetztes. Dank der persönlichen Integrität der Gründungsmitglieder konnte dem allgemeinen Misstrauen sachlich und souverän begegnet werden. Das Misstrauen gegenüber Strukturen von Universitäten erschwerten natürlich auch den Aufbau einer akademischen Schiesssportabteilung, aber ermöglichten den Mitgliedern ihre unpolitische und vor allem sportlich-medizinische Intention zu formulieren. Die studentischen Unruhen sollten als Wunsch nach Selbstverwirklichung und Selbstverwaltung gesehen werden und vor allem als demokratisch, emanzipatorische Bewegung, die strikt von terroristischen ideologischen Bewegungen abgegrenzt werden muss.

In diesem Selbstverständnis ist nicht nur der Schießsport, sondern auch seine medizinischen Komponenten für die Anatomie wesentlich. Der Schießsport wirkt sich auf die Hexis (Haltung) aus und kann sich auf die Anatomie und das mentale Befinden positiv auswirken.  Dass Dr. Hermann Fessels auf dem Gebiet der medizinischen Anatomie spezialisiert ist, und gerade diesen Sport für sich entdeckt hat, führt zu diesem Selbstbild des Hochschulschiessens. Eine anatomische Körperstabilität und ein mentales reflexives Bewusstsein skizzieren das Sportschiessen und sind wesentliche Komponenten des Sports. Die Wahrnehmung des eigenen Körpers und die Beherrschung des Gleichgewichtsorgans (Vestibularapparat) machen den Sport nicht nur attraktiv, sondern auch vorteilhaft für die Gesundheit. Die Selbstbeherrschung und Selbstwahrnehmung beim Schießen machen erst den Erfolg wesentlich bei Wettkämpfen aus. Um an den Wettkämpfen teilnehmen zu können, war ein Fahrzeug nötig, um die Studierenden zu den Meisterschaften fahren zu können. So organisierte unser Ehrenmitglied Helmut Degner einen zeitgemäßen VW Bus. Dieser stand unseren Sportschützen von 1972 – 1975 zur Verfügung.

Die Waffen wurden von Dr. Hermann Fessel bereitgestellt und ermöglichten die Teilnahme der Studierenden. Es war eine Selbstverständlichkeit den interessierten und angehenden Akademiker-/innen bis heute hin Waffen kostenlos und ohne Gebühr zur Verfügung zu stellen. Mittlerweile verfügt der Verein über solide Kleinkaliberwaffen und Luftpistolen zum Trainieren. Den Geist des Düsseldorfer Hochschulsportschiessens umschreibt vor allem das Miteinander, das auf Rücksicht und Toleranz aufgebaut ist. Der Schießsport kann als Individualsport, aber auch als Mannschaftssport betrieben werden. So ergibt sich aus diesem Umstand an sich, dass jede Persönlichkeit die Möglichkeit erhält auf sein eigenes Profil angepasst zu trainieren, gleichzeitig aber auch seine Teamfähigkeit auszubauen, um sich in den Rundenwettkämpfen (Mannschaftswettkampf) einbringen zu können. Welcher Sport kann Individualität und Gemeinschaft so harmonisch verwirklichen?

Sei Teil des Geschehens, ohne in der Masse unterzugehen

Unsere Gründungsmitglieder haben darüber hinaus auch eine flache Hierarchie innerhalb der Strukturen geschaffen. Formal gibt es einen Vorstand, aber die Partizipation der Mitglieder insgesamt hat absoluten Vorrang. Der Vorstand bekleidet keine Position im Sinne von Entscheidungshoheit, sondern trägt Verantwortung und begegnet jedem Mitglied wertschätzend und respektvoll auf Augenhöhe. Der Hochschulsport verfügt von Anfang an über generationsübergreifende Strukturen, die das Miteinander bestimmen. Es war nur eine Frage der Zeit bis die ersten Studierenden die Ämter im Sportreferat an der Heinrich-Heine-Universität bekleideten und auch in den Vorstand des Vereins gewählt wurden. Seit dem Jahre 2000 findet eine Kooperationszusammenarbeit mit der St. Sebastianus Schützenbruderschaft Büderich 1567 e.V. statt und ermöglicht es, in einer modernen Schießsportanlage den Schießsport zu betreiben. Dass der Hochschulsport sich ausdrücklich auch an Menschen mit Behinderung richtet, ist aus heutiger Sicht selbstverständlich. Es sollte daher nicht unerwähnt bleiben, dass dies in den Anfängen der 70er Jahre absolute Pionierarbeit auf dem Gebiet der Inklusion und der Schaffung barrierefreier Infrastrukturen für Menschen mit Behinderung war. „Frauen und Schießen“ war nie eine Frage des Geschlechts. Studentinnen sind und waren von Beginn an begeisterte Sportschützinnen und sogar romantische Liebesgeschichten sind dem Verein entsprungen. Markus und Nadine sind mittlerweile verheiratet und können dies mit Sicherheit bestätigen. Nach außen hin symbolisiert die Eule das Logo unseres Vereins und reiht sich damit als akademisches Feld in die bestehende Sportschützen Landschaft des Rheinischen Schützenbundes e. V. 1872 ein.

Autor: El Yaouti, Ahmed 2019